Cyriakusgemeinde

Evangelisch in Rödelheim

Friedfertig sein!

28. Juli 2021
Erwachsene
Beratung

Wut und Wandel

Wo man in Rödelheim hinsieht, ist der Wandel des Stadtteils zu spüren. Eine Großbaustelle war in den letzten Jahren der Block zwischen der Alexanderstraße und der Thudichumstraße. Nicht selten habe auch ich mir ein Ende der Bauarbeiten dort gewünscht, hatte ich doch von meinem Schreibtisch aus, stets den Blick auf die Baustelle. Seit einigen Tagen ist auch das Gebäude in der Alexanderstraße fertig. Der Putz ist getrocknet und die ersten Menschen ziehen hier ein.

Als ich heute das Büro betrat, war die erste Verletzung des Gebäudes zu sehen. Es erging dem Haus wie so vielen Neubauten in der letzten Zeit: Farbbeutel wurden gegen die Hauswand geworfen. Ein Zeichen der Wut und des Protestes, das jetzt wieder Reinigungs- und Ausbesserungsarbeiten am frisch gemachten Putz nach sich zieht.

Wir dürfen darüber diskutieren und auch streiten, wie eine gerechte Verteilung des Wohnraums in Rödelheim aussehen soll. Gewalt gegen Gebäude, wie sie hier zu sehen ist, ist der falsche Weg.

In der Bergpredigt gibt es einen Satz, der mir zum Leitstern in Konflikten geworden ist: „Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Mt 5,9) An einer anderen Stelle in der Bibel heißt es: „Lass ab vom Bösen und tu Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps 34,15) Ja, es ist anstrengend, die Wut in konstruktive Worte zu fassen. Aber es ist der einzige Weg, damit Probleme gemeinsam gelöst werden.

Denn wo Gewalt gegen das neue Zuhause von Menschen aufkommt, richtet sich die Gewalt auch schnell gegen die Menschen, die dort wohnen möchten. Sie richtet sich gegen die, die sich teuren Wohnraum leisten können. Sie richtet sich gegen die, die aus Nah und Fern hierher kommen. Das Gegeneinander hat aber keine Zukunft!

Lasst uns das Miteinander suchen, Räume für Begegnungen schaffen und Menschen, die in Rödelheim ein Zuhause finden möchte, freundlich empfangen. Der Wandel ist im vollen Gange. Und wir müssen ihn gemeinsam über soziale Grenzen hinweg gestalten.

In einem Kirchenlied des Frankfurter Pfarrers Eugen Eckert heißt es: „Halte deine Freiheit fest, lerne sie zu leben: Fürchte dich vor keinem Streit, finde zur Versöhnung Zeit: halte deine Freiheit fest.“ Ich wünsche allen, die voll von Wut im Bauch am liebsten alle Neubauten hier mit Farbbeuteln bewerfen würden, dass sie sich von ihrer Wut nicht fesseln lassen. Ihr seid frei, den ersten Schritt hin zu einem Miteinander zu machen. Dann wird Neu und Alt auch in Rödelheim Raum zur Versöhnung finden.

Orchidee